Vorwort:
Da dies ja früher eine oft nachgerüstete und auch zeitgenössische Felgengröße für den E30 ist, hier mal ein paar grundlegende Dinge dazu.
Um zu verstehen, wieso eine Felge verbaut werden kann, die in ihren Abmessungen deutlich von der Serienfelge abweicht, muss man die 9x16 Thematik im Kontext betrachten.
Dieses System funktioniert nur, wenn gewisse Rahmenparameter erfüllt sind. Dies ist neben der richtigen ET für die Freigängigkeit am Federbein, der trapezförmig gezogene, eigentlich zu schmale Reifen auf der breiten Felge und eine ordentliche Tieferlegung. Diese sorgt für vermehrten negativen Sturz. Damit wandert das Rad oben weiter Richtung Fahrzeug und erfährt so die nötige Abdeckung durch den Kotflügel.
Ändert man einen dieser Parameter, kann das zur Folge haben, dass das System nicht mehr funktioniert. Breitere Reifen z.B. können weitergehende Blecharbeiten erforderlich machen etc.
Die Eintragbarkeit nach nationalem Recht beruht auf: BMV/StV 7 4005 T/62 vom 24.01.1962
Zitat: „Die Räder müssen über der oberen Hälfte eine Abdeckung haben, die mindestens über die Laufflächenbreite der Reifen reicht“.
Erklärung: Felgenhorn und die (gezogene) Karkasse können so rechtlich zulässig über den Kotflügel hinausragen.
Des Weiteren sollte man sich darüber im Klaren sein, dass solch ein Umbau eher der Optik, als der Fahrdynamik dienlich ist
Aber nun zu den Details. Fangen wir mit der Felge selbst an.
Welche ET ist die richtige?
Die Größe der Wunsch-Felgen ist ja klar: 9x16. Aber ebenso entscheidend ist die richtige Einpresstiefe, kurz ET.
Die passende Einpresstiefe für den E30 wäre eigentlich ET10. In der Realität wird solch eine Felge aber selten angeboten. Felgen mit ET15 sind die weitaus häufiger anzutreffenden. Die Bezeichnung für eine solche Felge wäre dann 9x16 ET15.
Die zeitgenössische Borbet A Felge gibt es z.B. in dieser Größe.
Eine ebenfalls zeitgenössische Azev A Felge gibt es hingegen auch mit der richtigen ET10 für die Vorderachse.
Warum Distanzscheiben?
Die Felge mit ET15 schleift jedoch am vorderen Federbein. Hier MUSS eine 5mm Distanzscheibe verbaut werden, um eine TÜV-konforme Freigängigkeit zu erreichen. Dies gilt uneingeschränkt für alle Fahrzeuge mit 51mm Federbeinen. Sind 45er Federbeine verbaut, könnte es auch ohne Distanzen passen, jedoch hat man mit den Spurplatten die Garantie, dass es freigängig ist zum Federbein hin. 3mm Platten sollten im Falle von 45mm Federbeinen ausreichend sein. Die 5er-Distanzscheibe an der VA neigt wegen der schlechten Zentrierungsmöglichkeit dazu, im Fahrbetrieb Unwuchten zu erzeugen. Diese äußern sich typischerweise in Geschwindigkeitsbereichen von 80-100 Km/h. Spurplatten mit doppelter Zentrierung können jedoch Abhilfe schaffen. Siehe hier z:B: Link
Hinten kann man die ET 15 ohne Distanzen fahren, jedoch sollten auch hier mindestens 5mm Platten montiert werden, da das hintere Rad sonst weiter im Radhaus steht, als das vordere. Technisch sind zwar keine Distanzscheiben für die Freigängigkeit an der Hinterachse notwendig, die Spurweite hinten sollte jedoch nicht schmäler sein als vorne, abgesehen von der unschönen Optik.
Zu breite Distanzscheiben dürfen ohne gesondertes Fahrwerksfestigkeitsgutachten nicht gefahren werden. Der Grund ist folgender:
Maximale Größe der zulässigen Spurverbreiterung ist 2%. Ausgangspunkt hierfür wäre die E30 Spurweite und die kleinste ET einer eingetragenen Serienfelge.
Im Falle des E30 wäre das eine (gerundete) Spurweite von 150cm und die ET 24 der 7x15er Kreuzspeiche, was uns zu folgendem Wert bringt:
2% von 1500mm sind 30mm Spurverbreiterung, also 15mm pro Seite.
ET24 (mm)- 15mm (wie oben errechnet) ergeben ET9. Die angestrebte ET 10 ist also noch absolut in der Toleranz für den E30.
Felgen für Golf, Opel, etc.:
Felgen, die ursprünglich für andere KFZ's gedacht waren, können trotzdem montiert werden, solange die im Gutachten ausgewiesene Tragfähigkeit für den E30 ausreicht. Solche Räder für Golf, Opel und Co ... haben normalerweise ET's im 30er-Bereich. Die Felge hat dann z.B. die Bezeichnung 9x16 ET30.
Hier gilt dasselbe wie oben, nur muss die Distanzscheibe dementsprechend größer gewählt werden, in diesem Falle also eine 20er, um wieder auf die effektive ET10 zu kommen.
Karosseriearbeiten:
Die oft gestellte Frage, ob die 9x16 ohne Karosseriearbeiten mit einem Fahrwerk 60/40 kombinierbar sind, lässt sich pauschal nicht beantworten, da die tatsächliche Tieferlegung von Hersteller zu Hersteller sehr unterschiedlich ausfallen kann. Ein tieferes Fahrwerk bedeutet normalerweise mehr Sturz und damit verbunden mehr Platz zum Kotflügel. Ebenso können unterschiedliche Reifenfabrikate bei identischer Größe unterschiedlich breit bauen.
Als ungefähre Richtlinie kann man angeben, dass bei 60/40 Tieferlegung, effektiver ET 10 und 215/40/16er-Bereifung das Bördeln am hinteren Radlauf ausreicht. Bei kleineren ETs können weitere Maßnahmen, wie Kotflügel ziehen erforderlich sein.
Reifengröße:
Die normalerweise verwendete Reifengröße 215/40/16 ist ja im Prinzip zu schmal für die 9J Felge - eine Reifenfreigabe vom Hersteller hilft hier ungemein weiter und ist das passende Argument gegen Bedenken des Prüfers in dieser Hinsicht. Eine von Toyo befindet sich in den Anhängen.
Eine weitere, oft geforderte Maßnahme: die Tachoangleichung.
Hintergrund ist, dass der 215/40/16er eigentlich einen zu geringen Abrollumfang aufweist. Die "richtige" Reifengröße für den E30 wäre die 225/45/16, die Z1 und teilweise M3 z.B. fahren. Platztechnisch ist naturgemäß der 215er mit geringerer Höhe leichter zu verbauen.
Die rechtliche Grundlage dazu: bei Fahrzeugen vor BJ. 1994 ist eine Abweichung des Abrollumfangs um mehr als 7% nicht zulässig. Berechnet von den 205/55/15ern wäre die Abweichung mit den 215ern zwar nur -4,65%, aber im Prinzip kann man nach Vorbringen dieses Rechenbeispiels und Ignorierung durch den Prüfer nur 2 Sachen machen:
Angleichen lassen oder anderen Prüfer suchen.
Zusammenfassung:
Hier nochmal kurz zusammengefasst, was man gegen Einwände des Prüfers tun kann.
1. Prüfer bemängelt mangelnde Radabdeckung: Abhilfe nur mit Karosseriearbeiten und/oder Eintragung nach nationaler Richtlinie.
2. Prüfer fordert Eintragung nach EU Richtlinie 78/549/EWG, Ergänzung durch die Richtlinie 94/78/EG vom 21.12.1994: nachfragen, ob Eintragung nach nationaler Richtlinie möglich ist.
3. Prüfer bemängelt fehlendes Gutachten: Vergleichsgutachten einer anderen Felge in derselben Dimension und/oder vorhandenes Gutachten vorlegen und/oder beim KBA anfragen und/oder Prüfer in den vorhanden internen Listen der Prüforganisation nachsehen lassen.
4. Prüfer bemängelt den geänderten Abrollumfang und die damit verbundene Tachoabweichung: korrekte Anzeige überprüfen lassen in Fachbetrieb oder auf den obigen Passus hinweisen.
5. Prüfer bemängelt zu schmalen Reifen: mit Herstellerfreigabe belegen, dass die Montage trotzdem möglich ist.
6. Prüfer bemängelt Schleifen: Karosserie nacharbeiten und/oder andere Distanzscheiben wählen und/oder
Federwegs- und/oder Lenkeinschlagbegrenzer einsetzen.
Überschneidungen einzelner Punkte sind möglich. In den Fällen 1-5 kann der Gang zu einer anderen Prüfstelle oft helfen. Wenn ein Prüfer aus seiner Sicht berechtigte Bedenken gegen den Umbau hat, wird er wohl nur schlecht oder eventuell mit den og. Argumenten vom Gegenteil überzeugbar sein. Dies soll kein Aufruf zu Pfusch oder Ähnlichem sein, aber der Ermessensspielraum wird erfahrungsgemäß individuell genutzt. Im Fall von Punkt 6 muss natürlich nachgebessert werden, um eine einwandfreie Funktion des Autos zu gewährleisten.
Gruß
jenad
P.S.: der oben beschriebene Umbau ist mit Sicherheit zeitgenössisch. Ob sinnvoll, steht auf einem anderen Blatt.
Im Anhang zeigt Bild 1 eine 9x16er Felge, bei der der schmale 215er-Reifen nach Bordsteinkontakt von der Felge gesprungen ist.
Bild 2 zeigt eine gerissene Karkasse. Vermutlich durch die stramm gezogene Reifenflanke und die damit verbundene reduzierte Bewegungsaufnahme hervorgerufen, und/oder durch falschen Luftdruck.
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