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Domstrebe wirklich sinnvoll?


jenad
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Das Thema wurde schon oft diskutiert, mit plausibel klingenden Argumenten pro und contra der Wirkung. Ich habe hier eine interessante Ausführung gefunden, die ich in's Deutsche übersetzt und teilweise ergänzt habe, zur besseren Verständlichkeit.

 

Es ist davon auszugehen, das eine Domstrebe wirklich eine Verbesserung darstellt. In der folgenden Erklärung wird versucht werden, dies überzeugend zu belegen.

 

Beginnen müssen wir mit einigen Annahmen. Diese sind natürlich teilweise Näherungswerte und/oder idealisiert, bzw. vereinfacht, reichen aber für unser Rechenbeispiel vollkommen aus. Auch ist das Beispiel sicher ein Extremfall, da nur wenige Autos derart am Limit bewegt werden.

 

Als erstes stellen wir uns ein Rennfahrzeug, hier einen E30 M3 in schneller Kurvenfahrt vor, so das die Vorderräder 100% Gewichtsverlagerung erfahren, und zwar auf das kurvenäußere Rad. Hier im Bild sieht man z.B., wie das kurveninnere Rad frei in der Luft hängt. Dies ist ein sicheres Anzeichen für eine 100%ige Gewichtsverlagerung.

 

gallery_11850_134_8496.jpg

 

Als zweites nehmen wir an, das unser M3 während der Kurvenfahrt eine Querbeschleunigung von 1G erfährt. Bei einem Rennfahrzeug mit entsprechender Bereifung ist dies ein durchaus plausibler Wert. Bei einem angenommenen Fahrzeuggewicht von 1200 Kg und einer annähernden 50/50 Gewichtsverteilung muß das kurvenäußere Rad eine in Querrichtung wirkende Gegenkraft von 600Kg unter den beschriebenen Bedingungen generieren.

 

Bild 1 zeigt analytisch die einwirkenden Kräfte auf den Vorderwagen während der Kurvenfahrt. Für die Berechnung wurden ausschließlich horizontale Kräfte berücksichtigt. Natürlich wirken auch in vertikaler Richtung Kräfte, aber da die Summe der einwirkenden Kräfte unabhängig voneinander Null entsprechen muß, in sowohl waage- als auch senkrechter Richtung, können wir uns auf die horizontalen Kräfte beschränken. Naturgemäß wäre die Strebe auch nicht dazu geeignet, vertikale Kräfte abzuleiten.

 

Schematisch dargestellt:

 

gallery_11850_134_1704.gif

Daher ist F1 = 600Kg im Bild. Die Zeichnung ist eine statische Skizze, welche alle Kräfte berücksichtigt, die am Federbein/Rad Bauteil (blau dargestellt) wirken. Diese Kräfte müssen Null ergeben in horizontaler Richtung. Ebenfalls müssen die anliegenden Drehmomente sich gegenseitig aufheben. Das Ziel ist also, die Kraft F3 zu bestimmen, welches die Kraft ist, die der Dom auf das Federbein ausübt. Das Federbein wiederum kann eine gleich- und gegensätzlich gerichtete Kraft auf den Dom ausüben.

 

Wir können F3 auflösen, wenn die Drehmomente, die um das Radführungsgelenk (wo der Querlenker mit dem Federbein verbunden ist) anliegen, gleich sind.

 

 

Wir haben also: F1(L2) = F3(L1) oder F3 = F1(L2/L1)

 

Wir wissen bereits, das F1 = 600Kg ist. L1 und L2 werden durch Messung am Fahrzeug ermittelt. (L1 = 617mm und L2 = 152,4mm). Also entspricht F3 = 148Kg

 

Die Schlußfolgerung ist also die, das wenn der M3 eine Kurve mit einer Querbeschleunigung von 1G und 100% Gewichtsverlagerung durchfährt, wird eine Kraft von 148Kg den Dom nach außen drücken. Da das innere Rad lastfrei ist kann der kurveninnere Dom damit keine dementsprechende Kraft generieren. Die Domstrebe ist also tendentiell eher auf Zug, als auf Druck belastet.

 

 

Um das Ganze nochmal vereinfacht auszudrücken: Das Rad ist eine Art Hebel. Drehpunkt ist das Radführungsgelenk. Wenn ich oben am Rad ziehe, bewege ich damit das Federbein nach außen. Diese Bewegung wirkt auf den Dom ein.

 

Was uns zu der Frage kommen lässt: wie kritisch ist eine Kraft, die mit 148 Kg den Dom nach außen zieht?

 

Die 148 Kg entsprechen rund 12% des totalen Fahrzeuggewichts. Auch wenn der Dom hauptsächlich dazu geschaffen ist, vertikale Kräfte aufzunehmen, werden die 148 Kg in horizontaler Richtung die Karosse nicht permanent verformen. Natürlich ist dieses Beispiel ein absolutes Maximum an Belastung, welche auf den Dom einwirken kann, aber für ein über 20 Jahre altes Auto gilt: steter Tropfen höhlt den Stein. Die wiederholte Krafteinwirkung kann zu Materialermüdung an den Domen führen, je mehr, desto schärfer das Auto gefahren wird.

 

 

Die Domstrebe verbindet also beide Dome so miteinander, das die Kraft, die auf den äußeren Dom einwirkt auf beide Dome übertragen wird. So wird das Material verdoppelt, das die auftretenden Kräfte in Kurven aufnehmen kann.

 

Um es sich besser vorstellen zu können: Wenn das Rad ein riesenlanger Hebel wäre an dem ich ziehe und könnte damit das ganze Auto zur Seite kippen, dann merkt man, das die Belastung in diesem Moment eine Zugbelastung am Dom ist.

 

Ein weiterer Punkt, den man beachten sollte: Wenn der kurvenäußere Dom durch die Krafteinwirkung 5mm nach außen gedrückt wird, verliert man ca. 0,5 Grad negativen Sturz. Bei 10 Millimeter rund ein ganzes Grad.

 

Das je nach Einfederungszustand die horizontale Belastung am Dom Von Zug auf Druck weichen kann, wird hier erläutert:

 

Im Widerspruch zu den vereinfachten Betrachtungen der vorherigen Seite glauben die Meisten, dass eine Domstrebe hauptsächlich auf Druck, nicht Zug, belastet wird. Bei manchen Autos bewegen sich tatsächlich mit der Zeit die Dome aufeinander zu, was seinen Teil zu dieser Sichtweise beigetragen haben wird.

 

Wenn eine Domstrebe nicht montiert werden kann mit auf dem Boden stehenden Rädern, könnte dies darauf hindeuten.

 

Zudem wurden wohl bereits Spannungsmessungen an Domstreben im Praxisbetrieb durchgeführt. Diese Versuche zeigten die Domstrebe sowohl unter Zug-, als auch unter Druckbelastung. Bei einem derartigen Versuch war die höchste festgestellte Last eine Druckbelastung auf die Strebe beim seitlichen Ausparken aus einer Garage auf einer abschüssigen Ausfahrt (Jeder kennt das Phänomen, dass die Karosserie sich bei derartigen Manövern verzieht).

 

Was ist da also los? Wird die Domstrebe auf Zug oder auf Druck belastet? Eine wahrscheinliche Hypothese ist, dass beides der Fall ist, abhängig vom Fahrzustand. Kurvenfahrt auf ebenem Asphalt erzeugt Zugkräfte, Geradeausfahrt über Bodenwellen Druckkräfte in der Domstrebe.

Folgende Kräfteskizze zeigt wie die Druckbelastung beim Überfahren von Unebenheiten zustande kommt:

 

gallery_11850_134_1566.gif

 

Links sind die resultierenden Kräfte gezeigt, die auf Radaufhängung und Federbein wirken. Kraft 1 ist die Straße, die das Auto trägt, Kraft 2 die Gewichtskraft des Fahrzeugs. Kräfte 3 und 4 ergeben sich um ein Verkippen des Federbeins zu verhindern (sie gleichen das Moment aus, welches von Kräften 1 und 2 erzeugt wird). Kraft 4 hat natürlich eine gleichgroße, entgegengesetzt gerichtete Gegenkraft, hier als Kraft 5 rechts in grün eingezeichnet. Dies ist die horizontal auf den Federdom wirkende Druckkraft.

 

Es ist zu Bedenken, dass beim Überfahren von Schlaglöchern oder abrupten Bodenwellen das Chassis kurzfristig Beschleunigungen von 3 oder 4 g erfährt. Das wiederrum bedeutet, dass die Kräfte 1 und 2 in obigem Bild 12,5kN (1270kg) betragen können. Kraft 3 und 4 (und somit Kraft 5) sind zwar kleiner, aber trotzdem nicht zu vernachlässigen. Um Kraft 5 genauer berechnen zu können, wären detaillierte Messungen der Fahrwerksgeometrie notwendig.

 

Allgemein gesehen, verbringen viele Autos einen Großteil ihres Lebens damit geradeaus zu fahren. Bei diesen Autos werden sich die Dome unter Umständen im Alter aufeinander zu bewegen. Rennfahrzeuge verbringen einen großen Zeitanteil damit, Kurven mit hohen Querbeschleunigungen zu fahren. Hier können die Dome mit der Zeit sogar auseinanderwandern.

Demnach kann eine Domstrebe unter Zug stehen, oder eben unter Druck, ganz davon abhängig unter welchen Bedingungen das Fahrzeug bewegt wird.

 

Ergänzende Ausführung von mir:

Ich habe bei der Übersetzung Maßeinheiten analog zum Originaltext benutzt, auch wenn Kräfte eigentlich in N angegeben werden.

Natürlich ist die Belastung im Artikel einseitig dargestellt, aber rein auf die Funktion der Strebe im Moment der Kurvenfahrt bezogen ausreichend.

Der 2.Teil wurde freundlicherweise von WolfManE30 beigesteuert. :daumen:

 

Edit: da der originale englische Artikel mittlerweile aus dem Netz verschwunden ist, hab ich mir erlaubt diesen hier einzufügen. Leider kann ich den Autor nicht benennen.

 

Original-Artikel:

It is my belief that a strut bar definitely does help. And during the explanation that follows I will try to provide a convincing argument for this.

Figure 1 shows the forces of interest in a strut bar analysis. For this calculation only horizontal forces need be considered. There are of course vertical forces, but since the sum of forces must independently equal zero in both the horizontal and vertical directions, we can concentrate on just the horizontal forces in this analysis.

 

gallery_11850_134_1704.gif

Figure 1

 

We must begin by making some assumptions. First, consider an M3 cornering such that it experiences 100% weight transfer at the front wheels. This is not at all unusual on a modified M3. We have probably all seen pictures of an M3 in a turn with its inside front wheel in the air. That is a sure sign of 100% weight transfer. Second, let us assume that our M3 is cornering at 1G. Again, on a modified M3 with R-series tires, this is very plausible. If an M3 weighs 2700 lbs and has close to a 50/50 weight distribution, then the outside front tire must generate a lateral force of 1350 lbs under the circumstances just outlined.

Thus F1 = 1350 lbs as depicted in the figure above. The figure is really a "free body diagram" which considers the forces that act ON the strut/wheel assembly (the blue link in Figure 1). These forces must sum to zero in the horizontal direction. Also, the sum of the torque's acting on the strut/wheel assembly must cancel out. Our goal is to determine the force F3 which is the force that the strut tower exerts on the strut assembly. There is an equal and opposite force exerted on the strut tower BY the strut assembly.

We can solve for F3 if we do a balance of torque's around the outer ball joint (where the control arm attaches to the strut). What we get is:

F1(L2) = F3(L1) or, F3 = F1(L2/L1)

Now, we already know F1 = 1350 lbs. And we can determine L1 and L2 from a quick measurement of an M3 (L1 = 24.3" and L2 =6.0"). Thus F3 = 333lbs.

So the conclusion is that when an M3 corners at 1G with 100% weight transfer at the front wheels, there is a 333 lb force pulling OUT on the outer strut tower. Since the inside wheel is un-loaded there is no corresponding force generated at the inside strut tower. Therefore a strut tower bar tends to be in tension, not compression as is often believed.

 

Now we ask ourselves: How critical is a force of 333 lbs pulling on the outer strut tower?

This 333 lb load amounts to about 12% of the car's total weight. Even though the strut tower is designed mainly to manage vertical forces , 333 lbs in the horizontal direction is not going to permanently deform the chassis. But the problem is that this force is repeatedly applied over many cycles during the life of the car. The more you drive it hard the more cycles you generate. This can lead to fatigue failure of the material that forms the strut tower (or where the strut tower attaches to the inner fender well).

What a strut bar does is tie the two strut towers together so that they share the load applied at the outer tower. This gives you twice as much material to deal with the same cornering force and helps reduce fatigue stress in this area.

Another point to consider is that if your outer strut tower is deflected outwards 0.20" by this 333 lb force, then you just lost 0.5° of negative camber! If it deflects 0.42" you have lost a full degree of negative camber.

This demonstration has hopefully illustrated how a strut tower bar can be beneficial. But what about the possibility of a strut tower bar being under compression?

Contrary to the simplified analysis on the previous page, many people believe that a strut tower bar is predominantly under compression, not tension. This assertion is partially born out in some cars where the strut towers gradually move closer together over time. And I have heard of incidents where the strut tower bar was instrumented with strain gauges as the car was driven around. These tests show the strut tower bar is under compression as well as tension, depending on what the car is doing. One test showed that the highest loads recorded on the strut bar were in compression as the car was pulling out of a garage (sideways down an inclined driveway - we have all heard a stiff car twist under this condition).

So what is this all about? Is a strut tower bar under tension or compression? One likely theory is that it experiences both. It just depends on the driving conditions. Cornering on smooth asphalt induces tension. Driving in a straight line over bumps induces compression. A force diagram illustrating how compression forces result from driving in a straight line (over a bump) is shown in Figure 2:

 

gallery_11850_134_1566.gif

Figure 2

The left side of the figure shows the resultant forces acting ON the strut tower assembly. Force 1 is the road holding the car up, and force 2 is the weight of the car. Forces 3 and 4 result to stop the strut from spinning (they counter the moment produced by forces 1 & 2). Force 4 of course has an opposite and equal reaction force which is Force 5. This is shown on the right (in green) and is the resulting compression force on the strut tower.

Bear in mind that when the car encounters a sharp bump or dip in the pavement that the chassis may momentarily experience 3 or 4 G's. This means that F1 and F2 in Figure 2 could equal about 2800 lbs! F3 and F4 (and therefore F5) are much smaller, but could still be quite significant. To calculate F5 more precisely requires some measurements. I will get to this eventually.

In conclusion, some cars spend most of their lives driving in a straight line. Such cars might experience the strut towers moving together over time. Track cars spend a lot of their time cornering at over 1G. Thus a track car might see it's strut towers spread apart over the years. Thus a strut tower bar can be under tension OR compression depending on the environment that the car is operated in.


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Rückmeldungen von Benutzern

Empfohlene Kommentare

Hallo jenand,

 

ich bin durch recherche auf deinen Beitrag gekommen. Wir behandeln in einer kleinen Gruppe aktuell eine Projektarbeit in unserem Studium zum Techniker. 
Unsere Projektarbeit bezieht sich auf auftretende Kräfte in einer Domstrebe. Wir haben diese mit Hilfe eines Versuches mit DMS aufgenommen. 
Ich fand deinen Beitrag höchst interessant, weil ich weiss das Dynamische Kräfte nicht wirklich berechnet werden können. Da die Parameter zu unterschiedlich sind.
Ich fände es interessant deine Bilder zu sehen, da diese nicht mehr vorhanden sind. 
Ich würde mich sehr über eine Antwort freuen. Die würde uns auch bestimmt sehr helfen.

Danke

Gruß Dom

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